Das Tonbandgerät gibt es natürlich auch heute noch in vielen Tonstudios. Allerdings hatten es die meist großen und verhältnismäßig teuren Geräte seit Anfang der 1990er Jahre mit der zunehmenden Digitalisierung von Rundfunk- und Produktionsstudios immer schwerer.
Trotz allem gibt es immer noch (wieder?) einige Tonstudios, die den warmen und druckvollen Sound einer analogen Bandmaschine zu schätzen wissen und deswegen teilweise zumindest nach wie vor analog produzieren. Maschinen vom Typ STUDER A827 oder A800 bzw. A80 (alle ursprünglich erhältlich zwischen 8 und 24-Spuren) in einem guten und gewarteten Zustand, sind heute gesuchte und teilweise sehr teuer bezahlte Produktionsmittel.
Die Schweizer Firma STUDER war bis in den Sommer 2001 neben Nagra Kudelski die letzte europäische Firma, die überhaupt Tonbandgeräte hergestellt hatte. Zu diesem Zeitpunkt lief bei STUDER die über 50 Jahre andauernde traditionelle Produktion von Bandmaschinen aus. Die STUDER A807 wurde weit über 10.000 Mal verkauft. Im Dezember 2002 wurde wegen der großen Nachfrage die A807 allerdings noch mal in einer limitierten Stückzahl produziert. Auch NAGRA produziert heute keine Tonbandgeräte mehr.
Mehr zum Thema findest Du im STUDER und ReVox Infoportal.
Gibt es eine Zukunft für die Tonbandtechnik?
Trotz der nahezu vollständigen Digitalisierung im Audiobereich wird das Tonband wohl nie ganz aussterben. Zumindest nicht als Nischenprodukt – davon bin ich persönlich zumindest überzeugt. Es hat nämlich im Vergleich zu den heutigen digitalen Massenspeichern den großen Vorteil länger „haltbar“ zu sein. Bei richtiger Lagerung und Archivierung der Bänder liegt die Lebensdauer eines Bandes mit Einschränkungen bei rund 70 Jahren.
Neu eingeführte Produkte wie zum Beispiel die Digitale Audiokassette von Philips Anfang der 1990er Jahre, oder das Mini-Disc System von „Sony“ konnten sich genauso wenig am Consumer-Markt behaupten wie die DAT Kassette (Digital Audio Tape) die hingegen im Studio-Bereich einige Jahre relativ erfolgreich als „Master-Medium“ diente.
Die MD wurde wohl auch nur deswegen „relativ erfolgreich“ weil sie den Konsumenten in der Werbung sehr stark als was ganz neues und besonders tolles vorgestellt wurde. Sicherlich war sie praktisch, aber schon der CD konnte sie klanglich nicht mehr das Wasser reichen. Eine MD erreicht Dank Komprimierung gerade mal 10% der Dynamik einer CD! Wenn überhaupt, dann war sie ein Ersatzmedium für die gute alte Audiocassette – dafür war sie ja seinerzeit bei der Markteinführung auch gedacht.
Gibt es noch neue Tonbandgeräte?
Jeder, der sich für das Thema interessiert, wird wissen, dass die große Zeit der Großspuler eigentlich lange schon vorüber ist. Das letzte professionelle Tonbandgerät, das z.B. von STUDER bis in das Jahr 2003 produziert wurde, war das Modell STUDER A807. Andere professionelle Hersteller wie Tascam, Otari oder Sony hatten die Produktion von Bandmaschinen zur ungefähr gleichen Zeit oder deutlich früher eingestellt. Wer heute also ein solches Gerät besitzen und nutzen möchte, muss in aller Regel auf gebrauchte Technik zurückgreifen.
Zwei kleine Ausnahmen bieten in diesem Bereich die Firmen Ballfinger und Thorens. Beide Hersteller haben in den letzten Jahren neue Geräte entwickelt und tatsächlich auf den Markt gebracht!
- Die Firma Ballfinger aus Düsseldorf bietet seit wenigen Jahren sehr hochpreisige Neugeräte an, deren Käuferschaft vor allem im High-End-Bereich zu finden ist. Die auch vom Design sehr ansprechenden Geräte werden teilweise nur als Wiedergabe-Maschinen angeboten und liegen preislich im fünfstelligen Bereich.
- Auch die Firma Thorens bietet mit dem Modell TM 1600 ein reines Wiedergabe-Gerät für High-End-Enthusiasten an. Für das „schicke Teil“ muss der interessierte Käufer allerdings auch hier über 11.000 Euro auf den Verkaufstresen legen.
- Für das Jahr 2017 hatte auch ReVox mit dem „Project R2R“ ein neues Tonbandgerät angekündigt. Die zunächst reine Wiedergabemaschine, die in Zusammenarbeit mit „Horch House“ entwickelt und vom alten ReVox-Designer Manfred Meinzer gestaltet wurde, orientierte sich rein äußerlich an der ReVox A700 und sollte zwischen 4.000 und 5.000 Euro kosten. Eine Maschine mit Aufnahmefunktion wurde auch in Aussicht gestellt. Sogar Produktfotos geisterten damals durch das Internet und machten Hoffnung auf ein Anknüpfen an alte Zeiten. Letztlich ist das Projekt sang- und klanglos verschwunden. Alle Links zu den offiziellen Projekt-Seiten von ReVox und Horch House laufen heute ins Leere und die Idee scheint – warum auch immer – begraben worden zu sein.
Gebrauchte Tonbandgeräte gibt es hingegen vor allem auf Verkaufsplattformen im Internet in Hülle und Fülle! In einem kleinen Ratgeber habe ich zusammengestellt, worauf man beim Kauf gebrauchter Geräte achten sollte.
Warum überhaupt noch Tonbänder verwenden?
Einige Musiker und Tonstudios produzieren auch heute noch auf 24-Spur-Maschinen mit 2 Zoll Bändern oder nutzen eine 2-Spur-Stereo-Maschine zum Mastern. Der Grund dafür – so die Profis – liegt im „Druck“ der Aufnahme oder dem besonders „seidigen“ Klang. Denn eine digitale Aufnahme – selbst mit den besten A/D – D/A Wandlern und einem System von „Pro Tools“ oder anderen vergleichbaren digitalen Mehrspursystemen – wird wahrscheinlich nie wirklich die „Tiefe“ und „Wärme“ einer analogen Bandaufnahme erreichen.
Aber auch da gehen die Meinungen auseinander und die Technik entwickelt sich gerade im Bereich der Plugins immer weiter. Dass dies nicht jeder Audiofan so wie ich sieht, zeigte mir eine Mail, die mich mal über das Kontaktformular auf dieser Seite erreichte. Ein Leser schrieb mir Folgendes:
Hallo,
Sie schreiben unter Zukunft der Tonbänder u.a. dass der „Druck“ der Aufnahme bei analog viel besser sei, auch die Bässe seien besser. Das ist nachweislich falsch. Mit digitaler Technik lassen sich (wenn gewünscht) 160dB Dynamik-Umfang und mehr aufzeichnen. Von sowas kann eine analoge Aufzeichnung nur träumen (ob man nun Fan von analoger Aufzeichnung ist oder nicht)! Auch der mögliche Frequenzgang ist bei digitaler Aufzeichnung eigentlich unbegrenzt (auch davon kann eine analoge Aufzeichnung nur träumen!). Der sogenannte „Druck“ der Aufnahme ist bei digital also nicht nur gleich gut, sondern kann sogar 1000x besser sein als bei einer analogen Aufnahme.
Es gibt also bei digitalen Aufnahmen nichts, was die analoge Aufnahme nicht kann (auch wenn man das als Fan der analogen Aufnahme nicht gerne hört)! Auch lässt sich (wenn denn gewünscht) mit digitaler Technik problemlos eine langsame, schwammige analoge Aufnahme simulieren, indem einfach die digitalen Parameter verschlechtert werden. (z.B. durch Reduzierung von Frequenzgang oder Dynamik). Schade für Fans von analoger Aufzeichnungstechnik!
Vielen Dank für diese Zusendung! Sicherlich gebe ich auf der Seite meine „subjektive“ Meinung zum Thema wieder. Ich glaube aber inzwischen bei einigen Produktionen die klanglichen Unterschiede einer digitalen und analogen Aufnahme durchaus heraushören zu können.
Zwei gute Beispiele dafür sind die folgenden Produktionen:
Eric Clapton – Pilgrim
Dieses Album wurde, wie im Booklet der CD zu lesen ist, auf einem Pro Tools System digital aufgezeichnet. Das Album klingt in der Tat – wie ich sagen würde – „fett“. Allerdings fehlt dieser CD das Gewisse Quantum an „Wärme“. Alles klingt sehr scharf und ist brillant herauszuhören.
Aber genau das ist das Problem. Durch die Schärfe des Klangbildes ist das Zuhören auf Dauer relativ anstrengend. Trotzdem eine schöne Produktion von „Mr. Slowhand“.
Metallica – Metallica
Dieses klassische Album der Heavy-Metal-Band hat sich nicht nur sehr gut verkauft, sondern wurde auch auf einer analogen STUDER 24-Spur-Maschine vom Typ A800 mit 2“ Band aufgenommen (im Musikvideo kann man die STUDER ab und zu sehen). Der analogen Aufnahmetechnik ist sicherlich auch der nahezu ungeheuerliche „Druck“ der Produktion zu verdanken. Gerade die Bässe und das Schlagzeug klingen sehr „warm“ und schmeicheln dem Ohr der Zuhörer.
Beide Aufnahmen stammen natürlich aus einem musikalisch ganz anderem Genre. Eric Clapton – auch bekannt als „Mr. Slow Hand“ spielt relativ ruhige Musik und nutzt bei diesem Album viele „Drum Loops“. Metallica hingegen sind eine Heavy-Metal-Band allererster Güte und lassen den Zuhörer dies auch teilweise recht deutlich spüren. Trotzdem zeigen beide Alben ganz gut, wie analog und digital klingen können.